Noah

von

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  • ISBN: 978-3785724828
  • Mein Rating: 7/10

Oscar, ein Obdachloser, nimmt einen Mann, den er mit einer Schussverletzung aufgefunden hat und der unter Gedächtnisverlust leidet, bei sich auf und kümmert sich um ihn. Er nennt ihn Noah, da dieser Name auf seinem Handrücken eintätowiert ist. Eines Tages sieht Noah in einer Zeitung einen Aufruf, in dem der Urheber eines Bildes gesucht wird. Er hat das Gefühl, dass er es gemalt hat und so meldet er sich. Und startet damit eine wilde Verfolgungsjagd, die ihn und Oscar durch halb Europa führt, verfolgt von Killern einer Organisation namens "Room 17". Diese geht davon aus, dass Noah im Besitz eines Videos über das Projekt "Noah" ist, dessen Ziel es ist, das Problem der Überbevölkerung durch einen Virus zu lösen, der die Hälfte aller Menschen töten soll...

Noah ist gut geschrieben mit viel Action, und erinnerte mich ein wenig an einen "James Bond"-Film ohne Bond-Girls. Doch die Geschichte an sich fand ich zu konstruiert. Auch hätte der Erzählstrang, der in einem Slum in Manila spielt, ruhig weggelassen werden können. Er hat mir zwar sehr gut gefallen, aber leider hat er nur ganz am Rande etwas mit der eigentlichen Geschichte zu tun...

Zitate aus dem Buch

Ihre Hütte im Herzen des Slums war gross, ganze vier Quadratmeter für nur sechs Personen [...].

Alicia schämte sich, ihren Sohn am nächsten Morgen wieder auf die Deponie schicken zu müssen, damit er barfuss, nur mit einer dreckigen Unterhose bekleidet, in dem Müll herumstocherte, in einer Wolke von Fliegen stehend, glücklich, wenn er einen halbvollen Joghurtbecher fand, denn den konnte man noch an Ort und Stelle auskratzen.

Der sorgenvolle Unterton in der Stimme war untypisch für einen Mann, dem drei Striche in die Unterlippe eintätowiert waren. Einen für jeden Auftragsmord, der auf das Konto des Sechzehnjährigen ging.

"Ihr Foto auf einer Zigarettenpackung, und niemand würde mehr rauchen."

Noch immer ärgerte sie sich über Steven, der beim Anblick des positiven Schwangerschaftstests allen Ernstes angefangen hatte zu heulen, und das nicht vor Freude.

[...] mit den Babybüchern war es wie mit den Facebook-Freunden. Je mehr man davon hatte, desto weniger Beachtung schenkte man dem Einzelnen.

Im Abstand weniger Wochen war ihr Leben gleich zweimal komplett umgekrempelt worden. Zuerst, als sie von dem Wunder erfuhr, das in ihr heranwuchs. Und jetzt, als ihr der Gedanke langsam ins Bewusstsein sickerte, dass ihr Kind womöglich ein lebenslanger Pflegefall werden könnte.

"Moderne Kunst, so ein Quatsch. So was zeichnen Bekloppte bei der Gestalttherapie."

"Wie kann ich Ihnen helfen?", fragte der Portier, der sie eingeholt hatte. Dass der dürre Kerl in der mausgrauen Uniform mit dem albernen Zylinder auf dem Kopf ihnen tatsächlich helfen wollte, war weniger wahrscheinlich. Seinem gequälten Gesichtsausdruck nach hätte er sich mehr über einen Hundehaufen auf dem chinesischen Teppich unter ihren Füssen gefreut als über die beiden Penner in seiner Lobby.

Er wusste, sie hatten wahrlich andere Probleme als einen kranken Welpen, aber sich um ihn zu kümmern schien eine beruhigende Wirkung auf ihn zu haben, vermutlich weil Totos schlechte Verfassung ein lösbares Problem darstellte, im Gegensatz zu denen, in denen er momentan steckte: ohne Gedächtnis, von Unbekannten gejagt, in einer fremden Stadt.

Je länger er mit diesem Spinner zusammen war, dem er sein Leben zu verdanken hatte, desto mehr verstärkte sich sein Eindruck, dass zwischen all dem Unkraut, das Oscar in seinem Verschwörungs-Gewächshaus heranzüchtete, auch eine Knospe der Wahrheit heranwuchs.

Altmann hatte nie die Motive hinterfragt. Wenn sein Auftraggeber jemanden tot sehen wollte, gab es sicher berechtigte Gründe dafür. Er vertraute auf das System, auch wenn die Spezialeinheit, die ihn beschäftigte, von keiner offiziellen Stelle kontrolliert wurde und ihre Ausgaben in keinem Rechnungsbericht auftauchten. Gefahrenabwehr war einfach zu wichtig, um sie durch demokratische Spielereien zu gefährden.

"Sie ist eher eine Sozialarbeiterin. Jenny kümmert sich um die Strassenkinder in Berlin. Da die aber zu Erwachsenen kein Zutrauen haben, sucht sie den Zugang über die Tiere. Mit Erfolg. Ein Penner kann aus den Augen bluten und wird nicht zum Arzt gehen. Ein Hund aber ist sein wertvollster Besitz, meist der einzige Freund. Der darf nicht krank werden."

Noah schoss. Nicht ins Knie. Das hätte ihm kaum noch Steigerungsmöglichkeiten für die Folter gelassen. Vorerst hatte er sich damit begnügt, Amber durch den Stöckelschuh hindurch den kleinen Zeh zu zertrümmern.

Gut möglich, dass sie unter der Last der Erkenntnis, einem Menschen das Leben genommen zu haben, zerbrechen würde. Selbst wenn dieser Mensch ein skrupelloser Killer war, der sie früher oder später getötet hätte, wenn Celine ihm nicht zuvorgekommen wäre.

Selbst die, die nichts mehr vom Leben haben, wollen es nicht verlieren.

Er sprach ohne jede Emotion, als wäre der Tod der beiden jungen Männer nicht bedauerlicher als der des Schlachtviehs, aus dem seine Frühstückswurst hergestellt wurde.

Sie waren beide Profis. Keine Psychopathen, denen das Töten Spass machte. Aber Killer, die in Sekundenbruchteilen eine Güterabwägung trafen: Was war ein Menschenleben wert, und wann musste man es opfern, wenn das Ziel es verlangte?

Er bedankte sich bei dem Menschen, der in seiner Einsamkeit irgendwann damit begonnen hatte, Geschichten über seine Vergangenheit zu erspinnen; eine Frau und ein Studium zu erfinden. Nicht um zu betrügen, sondern um sein Selbstwertgefühl zu steigern. Eine verwirrte, gutmütige Seele, die ihn gerettet und gesund gepflegt hatte, in der Hoffnung, einen Schicksalsgenossen gefunden zu haben, mit dem das Leben auf der Strasse etwas erträglicher werden könnte; bei einem Weggefährten, der seine Unterkunft und all sein Erspartes mit ihm geteilt und ihn auf die Irrfahrt durch Europa begleitet hatte und der nun nie wieder zu seinem überfüllten Bücherregal in das unterirdische Versteck nach Berlin zurückkehren würde.

"Ich muss hier raus", sagte er. "Weshalb? Du bist geimpft. Hier bist du in Sicherheit und kannst in Ruhe abwarten, bis die Welt vor die Hunde gegangen ist." Altmann biss vor Schmerzen die Zähne zusammen. "Du musst dir nur überlegen, was du mit meiner Leiche machst. Verwesungsgestank ist nicht gerade das beste Zimmerdeo in geschlossenen Räumen."