Die Staatskanzlei
von Bettina Raddatz
- Buch auf Amazon
- ISBN: 978-3992000586
Ein hoher Beamter der Niedersächsischen Staatskanzlei wird in seinem Haus erschossen. Die mutmassliche Täterin ist relativ schnell gefunden: die Exfrau. Doch dann wird ein weiterer Beamter nach dem gleichen Muster, und mit der gleichen Waffe, ermordet...
Ich fand Die Staatskanzlei einen spannenden Krimi, der in einem interessanten Umfeld angesiedelt ist, der Staatskanzlei. Und mit der Ermittlerin Verena Hauser hat die Autorin eine glaubwürdige Hauptperson geschaffen. Nebst den Morden streift die Autorin diverse weitere Themen wie Terrorismus, Korruption, russische Oligarchen, Geldwäsche, und Organhandel. Insbesondere von letzterem wird das nächste Buch handeln, so dass anzunehmen ist, dass dort noch einige der offenen Handlungsstränge abgeschlossen werden. Etwas störend fand ich die zahlreichen Schreibfehler.
Zitate aus dem Buch
Sie lächelte bei dem Gedanken, dass die Arbeit, die er mit nach Hause gebracht hatte, niemals beendet werden würde. Jedenfalls nicht von ihm.
Geld verdienen war für Baumgart wichtiger als alles andere. Liebe, Familie, Freundschaft oder Sex, für andere Menschen mochte das wichtig sein, für ihn zählte, was unterm Strich auf seinen Konten verbucht wurde.
Auch wenn sie Geschäfte miteinander machten, traute er seinem Partner nicht über den Weg.
"Man fühlt sich so minderwertig wie ein ausgelatschter Schuh, der in die Altkleidersammlung wandert."
Schon mit dem ersten Gespräch hatte die Frau sich auf die Liste der Verdächtigen katapultiert.
Verena unterdrückte ihr Unbehagen, ging auf den Alten zu und stellte sich vor. Der Geruch, der ihr entgegenschlug, raubte ihr den Atem. Es musste Monate her sein, dass sein Körper mit Wasser und Seife in Berührung gekommen war.
Auch wenn Heise als Chef und Kollege gleichermassen unbeliebt war, war er einer von ihnen.
Plötzliches Unwohlsein, dringende Diensttermine ausserhalb und unaufschiebbare Arzttermine mussten als Vorwand herhalten, um den Sitzungen fernzubleiben. Heises Gewohnheit, den Mitarbeitern klarzumachen, dass sie Nieten waren, förderte die Fantasie selbst der sonst nicht für Einfallsreichtum bekannten Beamten.
Die nächsten Minuten würde Meyer nicht von seiner Seite weichen, eine Klette war gar nichts gegen den mitteilsamen Kollegen.
Dass ausgerechnet der Stinkstiefel Heise posthum zur vorbildlichen Führungsfigur stilisiert wurde, empfanden viele als schlechten Witz.
Was für die katholische Kirche das Zölibat und für die Taliban die Scharia war, war für Haders die lückenlose Einhaltung der Dienstvorschriften. Wobei es nicht die geringste Rolle spielte, ob Letztere irgendeinen Sinn machten.
Der Nachfolger, ein gestandener Bayer, konnte die Niedersachsen, in seinen Augen eine eher unterentwickelte Spezies der Gattung Mensch, nicht leiden.
Genauso wenig wie er Stollmann Erfolge gönnte, schätzte er Fragen von ihm.
"Die einzige Verwandte, für die sich mein Exmann je interessiert hat, war eine kinderlose Tante. Sie hat ihm ein beträchtliches Vermögen vererbt. Ohne das Geld hätte sie ihn nicht die Bohne interessiert. Alexander verwendete seine Energie ausschliesslich für Menschen, die ihm nützlich waren."
"Ihr drohte die Abschiebung in die Schulbehörde. Für eine ehrgeizige Frau mutet das so ähnlich an wie seinerzeit Sibirien für Stalins Gegner."
Gar nichts hast du verstanden, dachte Baumgart und lächelte seine Verachtung weg. Wenn du wüsstest, worum es wirklich geht, würdest du meinen schönen weissen Teppichboden vollkotzen.
Ihre Arroganz hatte sie in ihrem Büro zurückgelassen.
"Angeblich hat er einmal sogar den Dackel seiner Nachbarin getreten. Unter uns gesagt, verstehen kann ich es. Ein übergewichtiger Köter, der sich an meinem Hosenbein zu schaffen gemacht hat. Erst hat er daran gezogen und dann hat er seine Duftmarke gesetzt."
Eigenschaften, die bei Männern gelobt wurden, wurden bei Frauen gerne auf dem Negativkonto verbucht. Aus dynamisch wurde hektisch, aus energisch zickig, aus selbstbewusst eingebildet.
Sieben Jahre ihres Lebens hatte sie an der Seite eines Mannes verbracht, dem sie gleichgültig war.
"Er ist und bleibt ein Arsch mit Ohren."
Der zierliche Bürostuhl drohte unter seinem Gewicht zusammenzubrechen.
Er beendete das Telefonat und verwünschte im Stillen den Mauerfall, der plumpe Verbrecher wie Milner zu Milliardären gemacht hatte.
"Was ist das nur für ein beschissener Fall. Zwei Morde, ein Täter und verstockte Beamte, die nichts sagen wollen oder uns frech anlügen."
Im Grunde ihres Herzens war sie dem Täter dankbar, auch wenn sie es nie zugegeben hätte. Es gehörte sich einfach nicht, einem Mörder dankbar zu sein. Sie war es trotzdem.
Baumgart zog seine Augenbrauen hoch, eine Geste der Verachtung für sein Gegenüber. Politiker waren doch alle gleich. Sobald Schwierigkeiten auftauchten, verloren sie die Nerven.
Er mochte schlechte Umgangsformen haben, war aber immer tipptopp gekleidet.
"Wenn ich mich im Kreise meiner geschätzten Ministerpräsidentenkollegen umschaue, ist Aussitzen nicht selten die klügste Form der politischen Fortbewegung."
Nichts verabscheute der Chef mehr als Rechthaberei. Diese Eigenschaft akzeptierte er ausschliesslich bei sich selbst.
Du hast es vermasselt, sagte sie sich. Dein Leben ist eine einzige Ansammlung von Fehlentscheidungen.
Ohne Dienstlimousine mit eingebauter Vorfahrt, ohne Sonderbehandlung an Bahnhöfen und Flughäfen konnte Reisen verdammt unbequem sein.
Ausgerechnet er sollte Wahlkampfmanager werden. Zugegeben, er war Parteimitglied, aber eines in der Rubrik Karteileichen.
"Lächeln gehört zum Politiker wie Mehl zum Brot. Selbst wenn man von Bürgern angepöbelt wird, hat man zu lächeln."
"Die Bürger rufen nach entscheidungsstarken Politikern, und wenn wir entscheiden, protestieren sie. Sie verlangen nach Politikern, die ihnen die Wahrheit sagen und wehe du tust es. Dann wählen sie dich ab."
"Irgendwann erkennst du: Die Menschen, die dich hofieren, meinen nicht dich, sie meinen dein Amt."
Der Oberkellner quittierte das Trinkgeld mit einem verkniffenen Lächeln, für ein Dankeschön reichten zehn Euro nicht. Nicht in diesem vornehmen Restaurant.
Der Politiker unterdrückte nur mit Mühe seine Verärgerung. Wenn er nicht so dringend auf das Geld von diesem Scheisskerl angewiesen wäre, würde er jetzt aufstehen und gehen.
"Warum hat man in dieser Stadt immer das Gefühl, sich bei den Verkäufern entschuldigen zu müssen, wenn man etwas kauft?"
Das wohltuende Ambiente, das von Haus und Garten ausging, liess nicht vermuten, dass ausgerechnet hier eine geistesgestörte Doppelmörderin wohnte.
Wäre die Frau, auf die er wartete, von Geburt aus Deutsche, wäre sie sicherlich pünktlich gewesen.
Als sie sich neben ihn setzte, rückte er ein Stück von ihr weg. Körperlich stiessen alte Frauen ihn ab. Er ekelte sich vor ihnen und für ihn zählten Frauen ab fünfundzwanzig zu den Alten.
Die Rendite, die auf ihn wartete, war spektakulär. Mit den Spaghettifressern waren 8000 Euro für jeden Illegalen, den sie in der Klinik ablieferten, vereinbart. Ihre Ausschlachtung würde unter Berücksichtigung der Kosten für den Klinikbetrieb und den aufwendigen Transport der Organe einen Nettogewinn in sechsstelliger Höhe einbringen. Und das Risiko war überschaubar. Niemand würde die Menschen vermissen. Ihre Pässe würden ihnen noch während der Überfahrt abgenommen werden. Und in Deutschland waren sie nicht gemeldet.
Die Spaghettifresser waren noch verweichlichter als die Deutschen. Ständig jammerten sie über den kalten Winter.
Macht erlangte man in diesem Land über Geld. Ausser man entschied sich für die Ochsentour durch die Parteiinstanzen. Dazu war er nicht bereit gewesen. Und inzwischen war er in der komfortablen Lage, sich Politiker kaufen zu können.