Später Zeuge

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  • ISBN: 978-3312011674
  • Mein Rating: 8/10

Worum geht es?

Peter Zielke ist Chefarzt und ein anerkannter Krebsspezialist. Und seit 25 Jahren trägt er ein Geheimnis mit sich herum: er hat zwei Männer erschossen. Zwei Ganoven, die ihre Beute aus einem Überfall im Wald vergraben wollten, und auf die er bei der Jagd zufällig gestossen ist.

Doch seine Vergangenheit holt ihn schliesslich wieder ein, als Hans-Georg Kramer – Bruder des einen Opfers – in der Klinik auftaucht. Dieser hat damals die Tat beobachtet und fotografiert, und fordert nun das Geld zurück und dass Zielke seinen Krebs im Endstadium heilt. Sollte er sterben, würden die Beweise von einem Anwalt an die Polizei weitergeleitet werden. Und Zielke alles verlieren und ins Gefängnis wandern...

Mein Eindruck

Mir hat Später Zeuge sehr gut gefallen, wenngleich ich beide Hauptfiguren unsympathisch fand. Aus der Sicht von Peter Zielke beschreibt der Autor anschaulich das Duell zwischen den beiden Männern. Und wie Peter Zielke immer mehr die Kontrolle über sein Leben verliert, sich immer tiefer in Lügen verstrickt, und in eine Medikamentenabhängigkeit gerät.

Zitate aus dem Buch

Als junger Onkologe habe ich manchmal Leben und Leiden verlängert bis an den Punkt, an dem der Tod eine Erlösung war. Besser irgendetwas tun, als sich einzugestehen, dass man nichts mehr tun kann.

Alle, die mir heute hier auf die Schulter klopfen, die so grosse Stücke auf mich gehalten haben – die werden sich angewidert abwenden. Ich habe einen wehrlosen, verletzten Mann mit Kopfschuss hingerichtet. Ich bin mir dieser Schuld bewusst – aber ich fühle sie nicht. Was ich für schlechtes Gewissen hielt, war letztlich Furcht vor Konsequenzen.

Ich war ein Mörder und davongekommen. Eine Zeit lang erschien mir das geradezu unfassbar. Doch je mehr Zeit verging, desto unbedeutender wurde die Tat. Durchlief so viele innere Rechtfertigungsprozesse, dass ich am Ende mehr oder weniger selbst an die Notlage glaubte.

Wie lange ist Leben lebenswert?

"Mein Vater war Bankangestellter." - "Da bin ich ihm vielleicht mal begegnet. [...] Bei 'nem Überfall."

"Sind sie Arzt geworden, um fette Kohle zu machen?" - "Ich bin Arzt geworden, um Menschen zu helfen und Leben zu retten." Ich verhake mich in den Gedanken: Was für ein absurder Satz zu dem Mann, dessen Bruder ich ermordet habe.

"Man kann nicht auf einem Schiff anheuern und im Sturm die Kündigung einreichen."

"Ich kenne die Risiken einer OP. Und glauben sie mir, ich wäre froh, wenn ich nicht mehr aus der Narkose erwachen würde – wirklich."

"Aber es ist eigentlich auch weniger das, was du sagst, als dein Verhalten, das ich befremdlich finde." - "Ach." - "Ja, du brüllst mir quer durchs Restaurant hinterher, als ich zur Toilette gehe, und als ich zurückkomme, liegst du mit dem Gesicht in deinem Erbrochenen und schnarchst. Bäh, es war einfach..." Sie winkt angewidert ab.

"Es wird geredet, dass du ein Suchtproblem hast." - "Mit mir hat keiner geredet!" [...] "Machst du Witze?!", sagt er barsch. "Du bist der Chef. Du könntest volltrunken in die Klinik kommen, und es würde keiner was sagen."

"Geben sie mir die Beweise, und ich verschaffe ihnen einen schmerzlosen Tod."

"Sie sind das grösste Arschloch, dem ich je begegnet bin. Und ich bin schon vielen begegnet, das können sie mir glauben. Ich wünschte, ich hätte sie umgebracht, als ich dazu noch in der Lage war."

"Ohne ihre Titel, ihre Klinik, ihre Kohle sind sie einfach nur 'ne Null – 'ne Null im weissen Kittel."

Sich der Verantwortung stellen, das klingt gut und rechtschaffen. Aber wer würde nicht versuchen, sich um die Folgen eigener Fehler zu drücken, wenn es irgendwie geht.

Der schwere Revolver hat etwas Tröstliches. Verspricht Erlösung von all der Angst und Panik und Leere und Hoffnungslosigkeit.

Es geht nicht, ich will nicht sterben. Ich hab bloss keine Ahnung, wie ich weiterleben soll.