Schlangenkopf

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  • ISBN: 978-3442752973
  • Mein Rating: 7/10

Ein junger Mann wird von einem Auto angefahren und tödlich verletzt. Für die Polizei ist der Fall klar: Unfall mit Fahrerflucht. Doch die Familie des Opfers glaubt nicht an einen Unfall und beauftragt Hans Berndorf – privater Ermittler und ehemaliger Polizist – mit den Ermittlungen. Schnell wird klar, dass der junge Mann offenbar Opfer einer Verwechslung wurde, und eigentlich eine andere Person hätte getötet werden sollen. Neben der eigentlichen Zielperson gerät nun auch Berndorf ins Visier der Killer...

Mir hat Schlangenkopf ziemlich gut gefallen, das Buch ist spannend geschrieben. Etwas gewöhnungsbedürftig fand ich hingegen den Schreibstil des Autors.

Zitate aus dem Buch

Mit der ganzen Inbrunst ihrer Tintenherzen haben sie diese Regierung herbeigeschrieben, und nun ist es ihnen auch wieder nicht recht.

"Der Kaiser ist vor dem Haus vorbei geritten, es hat den Hitler kommen und gehen sehen, den Ulbricht und den Honecker... Was denkt sich so ein altes Gemäuer, wenn unsereiner vorbeikommt?" Vochazer legt horchend die Hand ans Ohr. "Ich kann's nicht verstehen", sagt er dann und lässt die Hand wieder sinken. "Es redet Schweizerdeutsch."

"Ich hasse diese Bonzenmensa."

Es ist überhaupt nichts dabei, in einem Bett zu übernachten, in dem gestern einer gestorben ist. Er hat Übung in solchen Dingen.

"Leider steckte die Leiche in der falschen Jacke."

"Leider bin ich pleite, und nicht einfach bloss pleite, auch wenn man meint, man könnte das Wort pleite nicht steigern. Ich hab nämlich nicht nur kein Geld mehr, sondern noch sehr viel weniger als gar keines, das ist so blöd, wie es klingt, und diese Leute, die gerade mein Büro ausräumen, die bringen es fertig und stecken den guten alten warmherzigen Bilch ganz einfach in den Knast, wenn sie ihn nur kriegen."

"Wenn wir im Wilden Westen wären, würden sie wahrscheinlich ein Kopfgeld auf mich aussetzen, und dann könntest du mich ihnen bringen, und mit dem Kopfgeld die Miete zahlen."

Es gibt nichts, vor dem man so viel Angst haben muss wie vor uns selbst.

Der Jugoslawien-Krieg also ein Krieg für die Freiheit, andere nach Gutdünken umbringen und nach Lust und Laune vergewaltigen zu dürfen? Und ein Krieg, den man schon deshalb verdrängen muss, weil einem sonst klar würde, welche Bestialität unter dem dünnen Firnis der europäischen Zivilisation verborgen ist? Berndorf zieht eine ärgerliche Grimasse. Wir sind hier in Deutschland! Über die Bestialität, zu welcher der anständige, der wohlerzogene Bürger in der Lage ist, braucht sich hier niemand Illusionen zu machen. Niemand braucht hier mit dem Finger auf ein anderes Volk zu zeigen.

Weitere Beschuldigte sind namentlich bekannt, stehen aber bisher nicht vor Gericht. Auch ihnen werden Verbrechen gegen die Genfer Konvention, Misshandlungen, Folterungen und Vergewaltigungen vorgeworfen. Irgendwann, vielleicht, werden auch sie vor Gericht stehen. Um dann ihre Strafen nicht als Mörder und Folterknechte zu bekommen, sondern als Handlanger und Befehlsempfänger.

"Das hoffen wir alle, dass dies ein blinder Alarm ist", antwortet Dingeldey, greift in seine Manteltasche und holt einen Schlüsselbund heraus. "Aber wenn sie so sicher sind – hier sind die Schlüssel, gehen sie in das Haus und in das Büro, öffnen sie alle Türen, schalten sie das Licht ein. Und wenn es nicht rumms! macht, sind wir alle froh und glücklich."

"Was unterstellen sie mir da?" – "Ich stelle fest, nicht unter", antwortet Dingeldey.

"Gibt es irgendeinen Hinweis, womit wir rechnen müssen?" Missenpfuhl schüttelt den Kopf und blickt auf Dingeldey. "Nichts ausser Advokatenfürze."

Das Wach-Sein bringt Gesellschaft mit sich, die er nicht mag – seine eigenen Gedanken nämlich.

An der schmaleren Seite des Tischovals sitzt die Frau mit den dicken Brillengläsern und starrt zu ihm her, noch immer tut sie das, es würde ihn nicht wundern, wenn sie plötzlich zu knurren begänne wie eine fettleibige Bulldogge.

Nun gut, du hast diesen Christenjüngling nicht totgeschlagen, das ist für heute schon einmal eine gute Tat. Wenigstens eine.

Nun ist er bewaffnet wie ein Pirat der Karibik, aber er hat jetzt keine Zeit, sich dabei komisch vorzukommen.

Berndorf blickt auf. Es ist die Frau aus der U-Bahn, die an der Station Nordweststadt ausgestiegen ist. Sie sehen sich an, er blickt in helle blaue Augen über hohen slawischen Wangenknochen, und ausserdem blickt ihn das Mündungsloch einer Pistole an – die wievielte ist das jetzt an diesem Abend? Allmählich wird es lästig.

Sein Gesicht sieht ratlos aus und erstaunt, und seine drei Augen starren blicklos zum Himmel. Das dritte Auge ist ein kreisrundes, nicht allzu grosses Loch mitten in der Stirn.

"Wir sind zwar zwei sehr unterschiedliche Fliegen, aber das Schicksal hat uns in dieselbe Tinte getunkt."

Wenn Berndorf sich den ganzen Tag nicht gemeldet hat, wird er wohl seinen Grund dafür haben. Aber wenn er irgendwann dann doch glaubt, er habe etwas mitzuteilen, dann muss frau nicht angehüpft kommen wie ein kleines Hundchen.

Berndorf betrachtet Zlatan, der ihm gegenübersitzt, in den Ledermantel gehüllt, den sie im Benz gefunden haben und der wohl jenem Mann gehörte, der jetzt und in alle Ewigkeit keinen Bedarf mehr für solche Kleidungsstücke hat.

"Einmal erschien ein Kerl, ging zum Tresen, sah sich um und bestellte nichts, und als ich ihn fragte, ob ich ihm etwas bringen dürfe, schaute er mir ins Gesicht und sagte – nein, nichts, er habe nur wissen wollen, wie ein Verrückter aussieht. Und dann ging er."

"Aber irgendwann wird ihnen kein Trick mehr helfen. Irgendwann taucht wieder ein schwarzer Geländewagen auf und fährt an ihnen vorbei, und die Sache ist mit einem Feuerstoss aus der Maschinenpistole erledigt.

"Und schmeiss diese Katze raus, sie hat Flöhe."

Es ist überhaupt kein Problem, jemanden durch eine Tür hindurch zu erschiessen. Das wissen sogar Polizisten, und manchmal tun sie es auch.

Berndorf ist also im Knast, und Zlatan ist verschwunden. Das eine ist insofern eine gute Nachricht, als Berndorf vorerst daran gehindert sein sollte, anderen Leuten einen Spaten auf den Kopf zu hauen.

Barbara sollte jetzt gehen, aber weil es ihr etwas zu deutlich nahe gelegt worden ist, bleibt sie erst recht.

"Ah ja!", sagte er zurückhalten, denn Häftlinge sollten zurückhaltend sein, vor allem dann, wenn die Bullen besonders freundlich angeschwänzelt kommen.

"Einem Muslim ist heutzutage noch schneller das Etikett des Terroristen angeklebt als früher einem Langhaarigen."

Sie bemüht sich, in ihre Stimme einen so freundlichen und ruhigen Ton zu legen, wie es irgend möglich ist, wenn einem gleichzeitig durch den Kopf geht, was für eine dumme, beleidigte, ichbezogene Pute man da am Telefon hat!

"Haben sie dich laufen lassen, oder hast du wieder jemand über den Kopf gehauen und bist ausgebrochen?"

"Ich glaube, es war eine Frau, die ihn umgebracht hat. Nur kann ich es noch nicht beweisen." Kemal Aydin blickt verblüfft, fast so, als hätte man ihm etwas Ungehörigen gesagt. Vielleicht gehört es sich für einen Muslim nicht, denkt Berndorf, sich von einer Frau umbringen zu lassen.

Wie redest du eigentlich schon wieder von diesen Leuten? Polizistenmaus? Wenn Berndorf das sagen würde – du würdest es ihm um die Ohren hauen.

Natürlich hat sich die Hoffnung, das Grosse Portugiesische Hausputzmassaker sei bei ihrer Rückkehr schon überstanden, nicht erfüllt.

Olga hat den Wecker auf neun Uhr gestellt, aber der arbeitslose Trunkenbold in der Wohnung nebenan begann schon eine halbe Stunde davor, seine Frau zu prügeln.