Mut für zwei

Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt

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  • ISBN: 978-3890294261
  • Mein Rating: 7/10

In Mut für zwei erzählt die Autorin von ihrer Reise mit ihrem zehn Monate alten Sohn Levi (und teilweise mit ihrem Mann), die sie von Sankt Petersburg an den Baikalsee, in die Mongolei und schliesslich nach Peking führt.

Mir hat Mut für zwei gut gefallen, insbesondere der eigentliche Reisebericht und die Beschreibung der Begegnungen mit den verschiedenen Leuten. Nicht wirklich nachvollziehen konnte ich hingegen die Motivation für die Reise. Irgendwie geht es darum, herauszufinden, wie die Autorin mit ihrer kleinen Familie das Leben gestalten möchte. Dabei scheint es jedoch nur um sie und ihren Sohn zu gehen, ihr Mann spielt nur eine Nebenrolle, zumindest im Buch.

Meine Notizen

Vorspiel: Die letzten ruhigen Tage?!?

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Das Projekt: Transsibirische Eisenbahn mit Baby - im Zweifel für die grössere Veränderung

Irgendwie scheinen Reiseveranstalter, die in stark planwirtschaftlich geprägten Ländern arbeiten, den Gedanken an Kundenorientierung und individuelle Reiseverläufe nur allzu gerne an den Nagel zu hängen. Je höher der Standardisierungsgrad, desto grösser die Marge für den Veranstalter. Und desto weniger nervige Kundenextrawünsche. Und desto schneller und einfacher der Reiseverkauf. Desto weniger qualifizierte und somit billigere Mitarbeiter sind notwendig.

Kinder waren in meiner Lebensplanung eigentlich nicht vorgesehen. So sehr nicht, dass ich nicht einmal den Gedanken an ein mögliches Leben mit Kindern zuliess. Kinder halten einen vom eigentlichen Leben ab. Von der Verwirklichung der eigenen Träume. Vom Reisen. Von allem halt, was Spass macht. Dachte ich.

[...] ich [ging] verschiedene Phasen meines Lebens durch und stellte fest, dass es die besten, spannendsten und aufregendsten Wendungen genommen hatte, wenn ich immer dann, wenn ich mich nicht entscheiden konnte [...] für die jeweils grössere Veränderung entschieden hatte.

Von Sankt Petersburg durch Sibirien nach Irkutsk: Über Menschen auf der Suche nach ihren Träumen

Die Transsib ist ideal für Levis und meine gemeinsame Reise: Auf eine Art passiert nichts. Keine Sehenswürdigkeiten, keine zeitlichen Verpflichtungen. Nichts, was uns abhält, bei uns zu sein. Dieses Nichts ist ein ganz besonderes Nichts. Wann kann man schon mal nichts machen. Nichts müssen. Nichts vorhaben.

Baikalsee und Irkutsk: Globale Geborgenheit

Warum rümpfen so viele Menschen in Deutschland die Nase, wenn Eltern Kinder mit in ein Restaurant bringen? Sie waren doch selbst auch mal fröhliche, neugierige Hosenscheisser? Ist die Ablehnung von Kindern in unserer Gesellschaft letztlich Ausdruck einer in unserer Kultur verankerten Furcht vor dem Ungeplanten? Der Furcht vor Spontanität? Der Angst, dass andere einen auslachen? Existiert in der deutschen Kultur, in deutschen Unternehmen, in der deutschen Politik vielleicht eine tief verankerte Angst vor Kindern? Beziehungsweise vor den kindlichen Eigenschaften: Fragen stellen, neugierig sein, laut sein, aus der Reihe tanzen, fröhlich sein, emotional sein? Vor dem Direktsein?

In meiner Beziehung zu Levi, so besonders und intensiv sie auch ist, scheinen ein Stück weit dieselben Regeln zu gelten wie für meine anderen Beziehungen und Freundschaften: Zu viel ist nicht gut. Eine Mischung aus Nähe und Distanz ist für mich wichtig, damit ich mich immer wieder auf den anderen freuen kann. Und der sich auf mich.

Von Irkutsk nach Ulan-Bator in der Mongolei - Tod und Erwartung

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Zu dritt durch die Mongolei: Von gewaltiger Leere, familiären Wurzeln und beflügelnder Langsamkeit

Das Leben in der Mongolei ist hart. Jeder hat seine Aufgaben. Und wer die nicht erfüllt, wird ausgeschimpft.

Ob sich die Faszination des Reisens, beziehungsweise das, was von einer Reise bleibt, umgekehrt proportional zur Reisegeschwindigkeit verhält?

Es geht darum, immer wieder zu hinterfragen: Was will ich? Ist das, was ich meinte, gestern zu wollen, auch heute noch richtig für mich? Pläne sind für mich da. Und nicht umgekehrt: Ich lebe nicht, um Pläne zu erfüllen. Denn: Jenseits von Plänen wird vieles erst spannend. Lebendig. Vieles, was ich heute will, konnte ich mir vorgestern nicht einmal vorstellen.

China: Abgrenzung und Integration - Über chinesische Kreativität und die Behauptung der eigenen Identität

Zu Hause fehlt oft der kleine Schubs, der nötig ist, um ins Gespräch zu kommen, eine Einladung anzunehmen, einfach etwas anders zu machen, als andere oder man selbst von sich erwarten.