In Gesellschaft kleiner Bomben

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  • ISBN: 978-3959880220
  • Mein Rating: 7/10

Auf einem Markt in Delhi explodiert eine "kleine" Bombe, von der die Welt kaum Notiz nimmt. Sie fordert rund ein Dutzend Todesopfer, darunter die beiden Khurana-Brüder. Ihr Freund Mansoor überlebt. In Gesellschaft kleiner Bomben erzählt davon, wie solch ein Anschlag das Leben der Opfer und Angehörigen verändert. Und zeigt auf, wie ein junger Mann radikalisiert und zum Bombenleger wird.

Ich fand In Gesellschaft kleiner Bomben ein interessantes Buch, welches sich, unter anderem, mit der aktuellen Frage beschäftigt: Wie wird jemand zum Terroristen? Der Schreibstil war teilweise etwas zu "blumig" für meinen Geschmack, und mit den Personen konnte ich mich nur schwer anfreunden, ich fand alle mehr oder weniger unsympathisch. Als störend empfand ich die zahlreichen indischen Begriffe, diesbezüglich wäre ein Glossar hilfreich gewesen. Irritierend war ausserdem die offenbar indische Eigenart, dass Personen häufig mit Onkel, respektive Tante, angesprochen wurden, obwohl gar kein Verwandtschaftsverhältnis bestand.

Zitate aus dem Buch

Später berichteten sämtliche Zeugen, einen alles überstrahlenden weissen Stern gesehen zu haben. Dann folgte eine lange Stille, bevor die Schreie losgingen, als hätten sich die Leute, sogar als sie Schmerzen hatten, erst gegenseitig beobachtet, um herauszufinden, was zu tun sei.

Halb Delhi schien diesen Misthaufen der Verwüstung zu durchpflügen, obwohl es letztlich nur dreizehn Todesopfer und dreissig Verletzte gegeben hatte – eine kleine Bombe. Eine typische Bombe. Eine Bombe mit geringen Konsequenzen.

[...] Deepa wollte nur eins: Rache. Nachdem sie im Eiltempo die erste Trauerphase durchlebt hatte, war sie nun in einem Stadium des Zorns angelangt und hegte die Überzeugung: Das einzige Vernünftige, was nun noch blieb, wäre es, dem gewaltsamen Tod der Mörder ihrer Jungs beizuwohnen.

Wenn alles gut ist, ist man blind für andere Lebenswege; wenn alles zerstört ist, erkennt man eine Million Lösungen dafür, wie dieses Schicksal hätte vermieden werden können.

[...] warum sollte es wichtig sein, ob sie schuldig oder unschuldig waren, wenn seine Kinder schon tot waren?

Er verstand, dass sein Leben vorbei war, seine glücklichsten Momente hinter ihm lagen, und dass er diese Momente unbedacht durchlebt hatte, von den Gedanken an die Zukunft so sehr angefeuert und in Beschlag genommen, dass er nicht einmal bemerkt hatte, wie glücklich er war.

"Warum programmierst du nicht, statt so viel zu beten?", fragte ihn sein Vater. "Gebete sind für alte Säcke wie mich. Junge Kerle wie du sollten unterwegs sein und schwer arbeiten."

"[...] muss man wirklich fünfmal am Tag beten, um ein Muslim zu sein?"

"Wenn du wegen Unschuldigen besorgt bist, denk doch mal so – je weniger sterben, desto einsamer sind die Opfer. Es ist besser, wenn die Sache gross ist und viele betrifft. Es heisst, 9/11 war der schlimmste Terroranschlag aller Zeiten – stimmt das? Ich denke, die kleinen Bomben, von denen wir ständig hören, die auf unbekannten Märkten explodieren, fünf oder sechs Menschen töten, sind schlimmer. Durch sie konzentriert sich der Schmerz auf das Leben einiger weniger. Es ist besser, grosszügig zu töten, als dabei zu geizen."

Er verstand nun den Grund für grosse Anschläge wie 9/11. Sie garantierten, dass man ernst genommen wurde.

Welcher Terrorist hat schon ein Bewerbungsgespräch am selben Tag, an dem er eine Bombe zündet?