Herzenssache

Mein Leben mit den Walen und Delfinen in der Strasse von Gibraltar

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  • ISBN: 978-3037630723
  • Mein Rating: 7/10

Katharina Heyer ist eine erfolgreiche Designerin von modischen Accessoires. Doch irgendwann merkt sie, dass ihre Arbeit sie nicht mehr emotional ausfüllt. Sie will etwas anderes machen, nur was? 1997 verbringt sie, damals 55-jährig, einige Tage bei Freunden in Südspanien. Diese Reise markiert den Beginn einer grossen Veränderung in ihrem Leben: Fortan will sie die Wale und Delfine in der Strasse von Gibraltar schützen. Zu diesem Zweck gründet sie die Stiftung firmm (foundation for information and research on marine mammals) und bietet in Tarifa "Whale Watching"-Fahrten an.

Ich fand Herzenssache ein interessantes Buch. Es ist faszinierend zu sehen, wie Katharina Heyer als Fremde, mit anfangs nur geringen Spanisch-Kenntnissen, ihr Projekt trotz aller Schwierigkeiten umsetzt. Teilweise fand ich sie jedoch etwas gar naiv. Zum Beispiel dauerte es zehn Jahre, bis sie merkte, dass nichts wird aus ihrem Projekt eines "Altersheimes" für Delfine aus Delfinarien in Tanger, Marokko. Nicht angesprochen haben mich die, glücklicherweise sehr seltenen, "esoterischen" Stellen, wo zum Beispiel eine Tierkommunikatorin mit einem Wal telepathisch kommuniziert.

Meine Notizen

Ich war damals fünfundfünfzig Jahre alt und hatte keinen Plan, wie mein Leben weitergehen sollte. Ich wusste nur, dass ich nicht so weitermachen wollte. Obwohl ich ein spannendes Leben führte, füllte es mich emotional nicht mehr aus. Ich wollte gesellschaftlich etwas bewegen – aber was?

Ich machte meinen Job gern und war stolz darauf, dass ich als erfolgreiche Geschäftsfrau ein selbstbestimmtes Leben führen konnte. Aber war es tatsächlich selbstbestimmt? Auf einmal kam mir mein Leben wie ein alter Turnschuh vor: Lange hält man ihn für seinen Lieblingsschuh, aber plötzlich schaut man an sich runter und merkt, dass er ganz ausgeleiert ist und gar nicht mehr zu einem passt.

Eine lokale Radiostation hatte [...] angefragt, ob ich ein Interview zu unserer Arbeit geben wolle. [...] Ich hatte Bedenken, denn mein Spanisch war immer noch sehr rudimentär. Aber klar, es war eine Chance, unsere Sache bekannt zu machen. Doch es war nicht einfach. Ich hatte mich zwar auf die Fragen vorbereitet, stotterte aber eine halbe Stunde lang ins Mikrofon und wäre am liebsten im Boden versunken – an meinen PR-Auftritten auf Spanisch musste ich definitiv noch arbeiten.

Es war alles so wunderbar gelaufen bisher. Wir hatten das Projekt mit so viel Kraft und Elan aufgebaut, und jetzt, wo es einigermassen lief, machten uns die Tarifeños das Leben schwer. Dabei hatten doch alle etwas davon, wenn mehr Touristen kamen. Aber offensichtlich hatte ich den Argwohn und den Machismo der Spanier unterschätzt. Und auch das Image der Schweiz war hier offenbar ein anderes, als ich geglaubt hatte: Die Menschen verbanden mit dem Land nicht Zuverlässigkeit und Seriosität, sondern Geldwäsche und andere krumme Geschäfte.

Als ich so dalag und die Orangenbäume betrachtete, fiel mir plötzlich auf, dass ich mir in den letzten vier Jahren nie die Sinnfrage gestellt hatte. Klar hatte ich immer wieder grosse Zweifel gehabt, ob das, was ich wollte, überhaupt umsetzbar war und ob ich mich gegen die vielen Widerstände würde durchsetzen können. Und klar war ich immer wieder mal verzweifelt gewesen. Aber dass mein Leben unausgefüllt oder sinnlos war, dieser Gedanke war mir nicht ein einziges Mal gekommen. Und diese Erkenntnis fühlte sich grossartig an.

Alle hatten auf mich eingeredet, einen Businessplan zu erstellen. So was sei zwingend, wenn man Investoren finden wolle. Für mich waren solche Arbeiten etwa gleich spannend wie Steuererklärungen ausfüllen. Ich hatte eine abgrundtiefe Abneigung dagegen. Ich wollte Sachen anreissen und umsetzen. Businesspläne waren trockenes Papier und viel warme Luft, davon hielt ich nichts. Aber ich sah natürlich ein, dass das dazugehörte.

Zehn Jahre lang hatte ich nun meine Bucht in tausend Versionen vor Augen gehabt, seit 2002 hatte ich Pläne gemacht, verändert, erweitert, in Gedanken umgebaut, neu gebaut, Studie um Studie erstellen lassen. Und nun übergab die [marokkanische] Regierung das Hafengelände einfach der Königlichen Marine. Davon war nie die Rede gewesen, nicht einmal gerüchtehalber.