Die Nachrichten

Eine Gebrauchsanweisung

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  • ISBN: 978-3596032464
  • Mein Rating: 6/10

In Die Nachrichten beschäftigt sich der Autor mit Nachrichten aus verschiedenen Themenbereichen, und denkt darüber nach, wie die idealen Nachrichten aussehen sollten.

Mein Eindruck von Die Nachrichten fällt zwiespältig aus. Auf der einen Seite stellt der Autor interessante und kritische Überlegungen zum Thema Nachrichten an. Auf der anderen Seite weiss ich jedoch nicht, was ich nun damit anfangen soll. Sprich, ich verstehe die im Untertitel erwähnte "Gebrauchsanweisung" nicht. Aber vielleicht richtet sich diese auch mehr an Journalisten, und weniger an Nachrichten-Konsumenten.

Meine Notizen

Vorwort

Wenn unsere formale Schulbildung abgeschlossen ist, werden die Nachrichten zu unseren Lehrern. Sie sind die unangefochten wichtigste Macht, die den Ton unseres öffentlichen Lebens angibt und unser Bild von der Gesellschaft jenseits unserer eigenen vier Wände prägt. Sie sind die Schöpfer politischer und gesellschaftlicher Realität.

Die Nachrichten, gleich wie schrecklich sie sein mögen und vielleicht gerade, wenn sie am schlimmsten sind, entlasten uns von dem bedrückenden Gefühl, auf uns selbst zurückgeworfen zu leben, immer wieder unseren eigenen Möglichkeiten gerecht werden zu müssen und darum zu ringen, ein paar Menschen in unserem engeren Umkreis davon zu überzeugen, unsere Ideen und Bedürfnisse ernst zu nehmen.

Es kann eine willkommene Ablenkung von unseren Sorgen sein, von so viel schwerwiegenderen und belastenderen Problemen zu erfahren, so dass diese grösseren Belange unsere eigenen selbstreferentiellen Nöte und Zweifel überlagern.

Politik

Medienunternehmen geben ungern zu, dass das, was sie uns Tag für Tag präsentieren, winzige Ausschnitte von Geschichten sind, deren eigentliches Ausmass letztlich erst Monate oder gar Jahre später erkennbar ist – und dass es somit oft klüger wäre, die Geschichte in Kapiteln anstelle von Satzfetzen zu erfahren. Von vornherein vermitteln sie uns, dass es entschieden besser ist, jetzt und hier eine vage und unvollständige Vorstellung von einem Thema zu haben, als auf solidere und umfassendere Erkenntnisse zu warten, die womöglich erst zu einem späteren Zeitpunkt sichtbar werden.

Lobenswert sollte bei einem Medienunternehmen nicht die Leistung sein, blosse Fakten zusammenzutragen, sondern die mit intelligenter Meinung geschliffene Kunst, deren Relevanz darzustellen.

Man könnte leicht meinen, der eigentliche Feind demokratischer Politik sei die aktive Zensur von Nachrichten – und umgekehrt die Freiheit, alles zu sagen oder zu publizieren, natürliche Voraussetzung aller demokratischen Kulturen. Doch die moderne Welt lehrt uns, dass eine viel listigere und zynischere Methode als die Zensur den Menschen ihren politischen Willen entzieht: Das Publikum wird verwirrt, gelangweilt und von der Politik abgelenkt, indem die wichtigsten Ereignisse und Probleme so ungeordnet, bruchstückartig und lückenhaft präsentiert werden, dass man meist nach kurzer Zeit den Faden verliert.

[Die Nachrichten] vermitteln uns ein breiteres Spektrum von Begegnungen, als wir je persönlich haben könnten, und durch ihre Berichterstattung und Kommentare prägen sie unsere Vorstellung davon, in was für einem Land wir leben.

Die Medien [...] haben nicht die Fähigkeit, die Wirklichkeit allumfassend zu transkribieren oder abzubilden. Vielmehr gestalten sie die Wirklichkeit durch die Wahl der Geschichten, auf welche sie ihre Scheinwerfer richten und welche sie auslassen. Hierin liegt eine enorme und ungeahnte Macht: die Macht, das Bild, das die Menschen sich voneinander machen, zu prägen; die Macht, zu diktieren, was wir von "anderen" halten; die Macht, ein Land in der Phantasie entstehen zu lassen.

Ehe wir an all den Katastrophen um uns herum verzweifeln, sollten wir daran denken, dass die Nachrichten letztlich nur eine Auswahl von Geschichten darüber sind, was um uns herum passiert, nicht mehr und nicht weniger.

Ausland

Zwar ist das grosse Ziel der Aufklärung erreicht: der Durchschnittsbürger hat heutzutage unmittelbaren Zugang zu Informationen über die Ereignisse in jedem Land der Welt. Aber etwas noch Erstaunlicheres fällt auf: Keiner interessiert sich besonders dafür.

[D]ie Auslandsberichterstattung [lässt sich] von der Annahme leiten, dass ein Ereignis für umso "wichtiger" gehalten wird und umso höher in der Hierarchie der Themen rangieren sollte, je grausamer, tragischer oder makaberer es ist.

Doch trotz der erstaunlichen technologischen Möglichkeiten der Medien, trotz der Büros, Korrespondenten, Fotografen und Kameraleute erhalten wir über das ganz gewöhnliche Geschehen in den meisten Ländern der Welt überhaupt keine Informationen.

Solange man nur in einer Gesellschaft lebt, vergisst man leicht die Vorteile der eigenen Kultur, geschweige denn, dass man sie wertschätzen kann – den relativ hohen Entwicklungsstand unserer Gesetze, des gesellschaftlichen Umgangs, der Bildungstradition und des Verkehrsnetzes. Wir denken gar nicht mehr daran, was einst so schwer erreichbar war. Fremde Länder sind wie ein Massstab, an dem wir unser eigenes Land und unsere Lebensart messen können; sie erleichtern es uns, nationale Eigenschaften, blinke Flecken und Stärken zu sehen. Berichte darüber vermitteln uns eine neue Wertschätzung der vermeintlich unzureichenden Freiheiten und des relativen Wohlstands unserer Heimat, die ansonsten nur Grund für Nörgelei und Schuldzuweisungen sind. Umgekehrt würden wir vielleicht merken, dass Probleme, die uns nur allzu vertraut sind, anderswo besser gelöst werden.

Wirtschaft

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Zahlen und Diagramme in den Börsennachrichten immer nur eine grobe Kurzfassung der Geschichten und Bilder sind, die wir benötigen, um die von uns gestaltete Welt verstehen zu können. Die Wirtschaft ist letztlich zu interessant und zu wichtig, als dass sie nur die potentiellen Investoren angehen sollte.

Prominenz

Von den Hunderten Prominenter, die uns die Medien vorstellen (vom Friedensstifter bis zum Maler, vom Sportler bis zum Neurowissenschaftler), sollten wir uns auf diejenigen konzentrieren, deren bewundernswerte Einstellungen und Leistungen uns zu einem erfolgreicheren und zufriedeneren Leben anregen. [...] ein paar weltliche "Heilige" [können] durchaus guttun, berühmte Leute, an die wir denken können, wenn wir uns erschöpft und niedergeschlagen fühlen und Ermutigung und Inspiration brauchen.

Wir sollten aufhören, die Prominenten wie magische Erscheinungen zu behandeln, als taugten sie nur als Objekte unserer Bewunderung oder Neugierde. Sie sind ganz normale Menschen, die durch harte Arbeit und strategisches Denken ausserordentliche Leistungen erbringen. Wir sollten sie als Fallstudien ansehen, die man mit einer Grundfrage im Kopf genau studieren und analysieren kann: "Was kann ich von diesem Menschen übernehmen?"

[Der Neid] kann als ein Aufruf zum Handeln verstanden werden, denn in ihm drücken sich verborgene Wünsche aus. Dem Neid Aufmerksamkeit zu widmen, ist ein schmerzlicher aber notwendiger Schritt, um herauszufinden, wer wir eigentlich sind.

Selbst wenn wir unsere Neidgefühle vielleicht als erniedrigend und als Bestätigung unseres eigenen Versagens ansehen, sollten wir uns doch angesichts all derer, die wir beneiden, in aller Ruhe eine wesentliche und heilsame Frage stellen: "Was kann ich hier lernen?"

Besonders neidisch sind wir auf die Leistung von anderen, wenn wir kaum etwas darüber wissen, wie genau sie erreicht wurde.

[...] wenn wir nach Ruhm streben, wünschen wir uns letztlich Anerkennung.

Durch ihren Ruhm gelingt es den Prominenten, Freundlichkeit und Respekt von anderen zu bekommen. Ein berühmter Name allein erreicht im Handumdrehen, wofür ein anderer sonst vielleicht jahrelang mit vollem persönlichem Einsatz hätte kämpfen müssen.

Andere Leute müssen zu den Berühmtheiten nett sein, weil sie das Urteil von Millionen Fans repräsentieren. Ruhm ist wie eine Macht, die von einer unsichtbaren Armee von Bewunderern verteidigt wird.

Katastrophen

Bei aller Gier nach Mord und Zerstörung bleiben die Medien doch bedauerlich zurückhaltend gegenüber der ganz normalen Sterblichkeit. Vielmehr verwandeln sie den Tod gerne in ein spannendes Spektakel und bringen uns auf diese Weise davon ab, ihn als eine alltägliche Realität zu akzeptieren.

Konsum

Den Medien obliegt eine wichtige Aufgabe, uns dabei zu helfen, unser Geld sinnvoll auszugeben.

Fazit

Wir meinen immer gleich, etwas Neues müsse auch wichtig sein.

[...] wir werden anderen nichts Substantielles zu bieten haben, ehe wir nicht die Kunst beherrschen, geduldige Hebammen unserer eigenen Gedanken zu sein.