Die Kunst des klaren Denkens
52 Denkfehler, die Sie besser anderen überlassen
von Rolf Dobelli
- Buch auf Amazon
- ISBN: 978-3446426825
Die Kunst des klaren Denkens ist eine Sammlung von Beiträgen des Autors zum Thema "Denkfehler", die in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der SonntagsZeitung erschienen sind.
Mich hat Die Kunst des klaren Denkens nicht überzeugt. Zum einen ist der Titel etwas irreführend, da es nicht um das klare Denken an sich geht, sondern um die Vermeidung von Denkfehlern. Der Untertitel ist diesbezüglich treffender. Zum anderen fand ich das Buch zu oberflächlich, und zahlreiche der Beispiele waren mir bereits bekannt. Hinzu kommt, dass mir der Schreibstil des Autors nicht zugesagt hat.
Meine Notizen
Vorwort
Denkfehler, so wie ich den Begriff hier verwende, sind systematische Abweichungen zur Rationalität, zum optimalen, logischen, vernünftigen Denken und Verhalten. Das Wort "systematisch" ist wichtig, weil wir oft in dieselbe Richtung irren.
The Survivorship Bias
Survivorship Bias bedeutet: Weil Erfolge grössere Sichtbarkeit im Alltag erzeugen als Misserfolge, überschätzen Sie systematisch die Aussicht auf Erfolg. Als Aussenstehender erliegen Sie einer Illusion. Sie verkennen, wie verschwindend gering die Erfolgswahrscheinlichkeit ist.
The Swimmer's Body Illusion
Wann immer wir Selektionskriterium und Ergebnis vertauschen, sitzen wir der Swimmer's Body Illusion auf.
Der Overconfidence-Effekt
Wir überschätzen systematisch unser Wissen und unsere Fähigkeit zu prognostizieren – und zwar massiv. Beim Overconfidence-Effekt geht es nicht darum, ob eine einzelne Schätzung stimmt oder nicht. Der Overconfidence-Effekt misst den Unterschied zwischen dem, was Menschen wirklich wissen, und dem, was sie denken zu wissen.
Seien Sie allen Vorhersagen gegenüber skeptisch, besonders wenn sie von sogenannten Experten stammen. Und gehen Sie bei allen Plänen immer vom pessimistischen Szenario aus.
Social Proof
Social Proof (manchmal unscharf als Herdentrieb bezeichnet) sagt: Ich verhalte mich richtig, wenn ich mich so wie die anderen verhalte.
The Sunk Cost Fallacy
Die Sunk Cost Fallacy schnappt dann zu, wenn wir schon besonders viel Zeit, Geld, Energie, Liebe etc. investiert haben. Das investierte Geld wird dann zur Begründung, weiterzumachen, selbst wenn es objektiv betrachtet keinen Sinn macht. Je mehr investiert wurde, also je grösser die Sunk Costs sind, desto stärker ist der Drang, das Projekt fortzuführen.
Es gibt viele gute Gründe, weiter zu investieren, um etwas zum Abschluss zu bringen. Aber es gibt einen schlechten Grund: das bereits Investierte zu berücksichtigen. Rational entscheiden bedeutet, dass sie die aufgelaufenen Kosten ignorieren. Egal, was sie bereits investiert haben, es zählt einzig das Jetzt und ihre Einschätzung der Zukunft.
Die Reziprozität
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The Confirmation Bias (Teil 1)
Der Confirmation Bias ist der Vater aller Denkfehler – die Tendenz, neue Informationen so zu interpretieren, dass sie mit unseren bestehenden Theorien, Weltanschauungen und Überzeugungen kompatibel sind. Anders ausgedrückt: Neue Informationen, die im Widerspruch zu unseren bestehenden Ansichten stehen, filtern wir aus.
The Confirmation Bias (Teil 2)
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The Authority Bias
Wir sind gegenüber Expertenmeinungen viel unvorsichtiger als gegenüber anderen Meinungen.
Der Kontrasteffekt
Wir beurteilen etwas als schöner, teurer, grösser und so weiter, wenn wir zugleich etwas Hässliches, Billiges, Kleines und so weiter vor uns haben.
The Availability Bias
Der Availability Bias besagt Folgendes: Wir machen uns ein Bild der Welt anhand der Einfachheit, mit der uns Beispiele einfallen.
Allem, was spektakulär, grell oder laut ist, schreiben wir eine zu hohe Wahrscheinlichkeit zu. Allem, was stumm und unsichtbar ist, eine zu tiefe.
Die Es-wird-schlimmer-bevor-es-besser-kommt-Falle
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The Story Bias
Das ist der Story Bias: Geschichten verdrehen und vereinfachen die Wirklichkeit. Sie verdrängen alles, was nicht so recht hineinpassen will.
Der Rückschaufehler
Man kann den Rückschaufehler treffend als Ich-hab's-schon-immer-gewusst-Phänomen bezeichnen: Rückblickend scheint alles einer einsichtigen Notwendigkeit zu folgen.
Das Chauffeur-Wissen
Nach Charlie Munger gibt es zwei Arten von Wissen. Zum einen das echte Wissen. Es stammt von Menschen, die ihr Wissen mit einem grossen Einsatz von Zeit und Denkarbeit bezahlt haben. Zum anderen eben das Chauffeur-Wissen. Die Chauffeure sind Leute, die so tun, als würden sie wissen. Sie haben gelernt, eine Show abzuziehen. Sie besitzen vielleicht eine tolle Stimme oder sehen überzeugend aus. Doch das Wissen, das sie verbreiten, ist hohl.
Die Kontrollillusion
Die Kontrollillusion ist die Tendenz, zu glauben, dass wir etwas kontrollieren oder beeinflussen können, über das wir objektiv keine Macht haben.
Die Incentive-Superresponse-Tendenz
Menschen reagieren auf Anreizsysteme. Das verwundert nicht. Menschen tun, was in ihrem Interesse liegt. Erstaunlich sind zwei Nebenaspekte. Erstens: wie schnell und radikal Menschen ihr Verhalten ändern, wenn Anreize ins Spiel kommen oder verändert werden. Zweitens: dass Menschen auf die Anreize reagieren, aber nicht auf die Absicht hinter den Anreizen.
Wenn sie das Verhalten eines Menschen oder einer Organisation erstaunt, fragen sie sich, welches Anreizsystem dahintersteckt.
Die Regression zur Mitte
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Die Tragik der Allmende
Wer das Allmende-Problem wirklich angehen will, hat nur zwei Möglichkeiten: Privatisierung oder Management.
Überall dort, wo der Nutzen beim Einzelnen anfällt, die Kosten aber bei der Gesellschaft, lauert die Tragik der Allmende.
The Outcome Bias
Outcome Bias: unsere Tendenz, Entscheidungen anhand des Ergebnisses zu bewerten – und nicht aufgrund des damaligen Entscheidungsprozesses.
Das Auswahl-Paradox
Überlegen sie genau, was sie wollen, bevor sie die bestehenden Angebote mustern. Schreiben sie ihre Kriterien auf und halten sie sich unbedingt daran. Und gehen sie davon aus, dass sie nie die perfekte Wahl treffen werden. Maximieren ist – angesichts der Flut an Möglichkeiten – irrationaler Perfektionismus. Geben sie sich mit einer "guten Lösung" zufrieden.
The Liking Bias
Der Liking Bias bedeutet: Je sympathischer uns jemand ist, desto geneigter sind wir, von dieser Person zu kaufen oder dieser Person zu helfen.
Eine Person ist uns sympathisch, wenn sie A) äusserlich attraktiv ist, B) uns in Bezug auf Herkunft, Persönlichkeit und Interessen ähnelt, und C), wenn sie uns sympathisch findet.
Der Endowment-Effekt
Was wir besitzen, empfinden wir als wertvoller, als was wir nicht besitzen. Anders ausgedrückt: Wenn wir etwas verkaufen, verlangen wir mehr Geld, als wir selbst dafür bereit wären, auszugeben.
Das Wunder
Unwahrscheinliche Zufälle sind eben gerade das: zwar seltene, aber durchaus mögliche Ereignisse.
Groupthink
Groupthink: Eine Gruppe von intelligenten Menschen trifft idiotische Entscheidungen, weil jeder seine Meinung dem vermeintlichen Konsens anpasst. So kommen Entscheidungen zustande, die jedes einzelne Gruppenmitglied unter normalen Umständen abgelehnt hätte.
The Neglect of Probability
Wir reagieren wohl auf das zu erwartende Ausmass eines Ereignisses, aber nicht auf dessen Wahrscheinlichkeit. Anders ausgedrückt: Uns fehlt ein intuitives Verständnis für Wahrscheinlichkeiten.
The Zero-Risk Bias
[...] wir sind oft bereit, übermässig viel Geld zu investieren, um ein winziges Restrisiko komplett aus der Welt zu räumen.
Der Knappheitsirrtum
Beurteilen sie eine Sache einzig anhand des Preises und des Nutzens. Ob ein Gut knapp ist oder nicht darf keine Rolle spielen.
The Base-Rate Neglect
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Der Spielerfehlschluss
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Der Anker
Je unbestimmbarer der Wert eines Objekts – Immobilie, Firma, Kunstwerk –, desto anfälliger sind selbst Profis für Anker.
Die Induktion
Wir alle haben die Tendenz, aus Einzelbeobachtungen auf allgemeingültige Gewissheiten zu schliessen.
Die Verlustaversion
Ein Verlust wiegt emotional etwa doppelt so schwer wie ein Gewinn der gleichen Grösse. Wenn sie jemanden überzeugen wollen, argumentieren sie deshalb nicht mit einem möglichen Gewinn, sondern mit dem Vermeiden eines möglichen Verlustes.
Social Loafing
Menschen verhalten sich anders in Gruppen, als wenn sie allein sind. Die Nachteile von Gruppen lassen sich entschärfen, indem wir die individuellen Leistungen möglichst sichtbar machen.
Das Exponentielle Wachstum
Faustformel zur Berechnung der Verdopplungszeit: 70 geteilt durch die Wachstumsrate in Prozent.
Jedes exponentielle Wachstum kommt irgendwann an eine Grenze.
The Winner's Curse
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Der Fundamentale Attributionsfehler
Der fundamentale Attributionsfehler bezeichnet die Tendenz, den Einfluss von Personen systematisch zu überschätzen und äussere, situative Faktoren zu unterschätzen, wenn es darum geht, irgendetwas zu erklären.
Die Falsche Kausalität
Zusammenhang ist nicht Kausalität.
The Halo Effect
Der Halo Effect besagt: Wir lassen uns von einem Aspekt blenden und schliessen von ihm auf das Gesamtbild.
Der Halo Effect funktioniert immer gleich: Aus einfach zu beschaffenden oder besonders plakativen Fakten, zum Beispiel der finanziellen Situation eines Unternehmens, schliessen wir automatisch auf schwieriger zu eruierende Eigenschaften wie die Güte des Managements oder die Brillanz einer Strategie.
Die Alternativen Pfade
Was sind alternative Pfade? Alles, was ebenfalls hätte eintreffen können, aber nicht eingetroffen ist.
Die Prognoseillusion
Das Problem: Experten bezahlen für falsche Prognosen keinen Preis – weder in Geld noch über den Verlust des guten Rufes.
The Conjunction Fallacy
Kahneman geht davon aus, dass es zwei Arten des Denkens gibt: zum einen das intuitive, automatische, unmittelbare Denken. Zum anderen das bewusste, rationale, langsame, mühsame, logische Denken. Leider zieht das intuitive Denken Schlüsse, lange bevor das bewusste Denken in Fahrt kommt.
Framing
Framing bedeutet: Auf die genau gleiche Sachlage reagieren wir unterschiedlich, je nachdem, wie sie dargestellt wird.
The Action Bias
In unklaren Situationen verspüren wir den Impuls, etwas zu tun, irgendetwas – egal ob es hilft oder nicht. Danach fühlen wir uns besser, selbst wenn sich nichts zum Besseren gewendet hat. Oft ist das Gegenteil der Fall. Kurzum, wir handeln tendenziell zu schnell und zu oft. Daher: Wenn die Situation unklar ist, unternehmen sie nichts, gar nichts, bis sie die Situation besser einschätzen können.
The Omission Bias
Der Omission Bias tritt immer dort auf, wo sowohl eine Unterlassung als auch eine Handlung zu Schaden führen können. Dann wird meist die Unterlassung gewählt, weil die so verursachten Schäden subjektiv harmloser scheinen.
The Self-Serving Bias
Erfolge schreibt man sich selbst zu, Misserfolge externen Faktoren.
The Hedonic Treadmill
Hedonic Treadmill: Wir arbeiten und steigen auf und leisten uns mehr und schönere Dinge, und doch werden wir nicht glücklicher.
The Self-Selection Bias
Wann immer wir Teil der Stichprobe sind, müssen wir aufpassen, nicht auf den Self-Selection Bias reinzufallen.
The Association Bias
Das Anfängerglück
Ab welchem Moment ist es nicht mehr Anfängerglück, sondern Talent? Es gibt keine klare Grenze, aber zwei gute Hinweise. Erstens: Wenn sie über eine lange Zeit deutlich besser sind als die anderen, können sie davon ausgehen, dass Talent zumindest eine Rolle spielt. Sicher sein können sie jedoch nie. Zweitens: Je mehr Menschen mitspielen, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass jemand aus purem Glück über lange Zeit Erfolg hat. Vielleicht sind sie dieser Jemand.
Die Kognitive Dissonanz
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The Hyperbolic Discounting
Je älter wir werden und je mehr Selbstkontrolle wir aufbauen, desto leichter gelingt es uns, Belohnungen aufzuschieben. Statt zwölf Monate warten wir gern 13, um zusätzliche 100 Euro zu kassieren. Doch wenn wir eine Belohnung heute haben könnten, muss der Anreiz sehr hoch sein, damit wir bereit sind, sie aufzuschieben.
Nachwort
Je nach Denkfehler laufen wir systematisch in eine ganz bestimmte Richtung falsch. Das macht unsere Fehler prognostizierbar, und damit zu einem gewissen Grad korrigierbar. Zu einem gewissen Grad – nicht vollständig.