Böhmisches Blut

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  • ISBN: 978-3499259678
  • Mein Rating: 8/10

Der Berliner Ermittler Bernie Gunther wird nach Prag beordert, um dort den Leibwächter für Reinhard Heydrich zu spielen, der soeben zum neuen Reichsprotektor von Böhmen und Mähren ernannt wurde. Diese Ernennung wird in dessen Schloss mit zahlreichen Nazi-Grössen gefeiert. Doch nach der Feier wird ein Hauptmann tot in seinem Zimmer aufgefunden, welches von innen abgeschlossen war. Schnell wird klar, dass es sich dabei um Mord handelt. Und so wird Bernie Gunther mit den Ermittlungen betraut...

Mir hat Böhmisches Blut sehr gut gefallen. Insbesondere die Vermischung von Fiktion und historischen Tatsachen fand ich sehr gelungen. Auch die Hauptfigur, Bernie Gunther, ist faszinierend, und der Autor beschreibt sehr schön das Dilemma, in dem er sich befindet: einerseits ein Handlanger der Nazis zu sein und andererseits die Nazis zu verabscheuen. Einzig sein Verhalten gegenüber den verschiedenen Nazi-Grössen fand ich teilweise etwas zu unrealistisch, ein realer Bernie Gunther hätte dies wohl kaum überlebt, oder wäre zumindest in einem Konzentrationslager gelandet...

Zitate aus dem Buch

Eine Zeit lang arbeitete ich wieder im Morddezernat. Die Berliner brachten einander weiterhin um. Es gab allerdings mehr als einmal den Moment, dass ich es ziemlich lächerlich fand, meine Arbeit wichtig zu nehmen, wenn ich bedachte, was zur selben Zeit im Osten passierte. Es gab keinen Tag, an dem ich mich nicht an den Anblick der alten jüdischen Männer und Frauen erinnerte, die zu den Hinrichtungsgruben getrieben wurden, wo betrunkene, lachende SS-Erschiessungskommandos sie ins Jenseits beförderten. Trotzdem versuchte ich weiterhin, mich wie ein anständiger Ermittler zu benehmen, obwohl es sich oft so anfühlte, als versuche ich, das Feuer in einem Aschenbecher zu löschen, während am anderen Ende der Strasse ganze Häuser in Flammen standen.

"Jemand hat auf ihn eingestochen. Mehrfach." - "War wohl nicht sein Glückstag."

"Die Bullen sind in dieser Stadt genauso korrupt wie anderswo. Manchmal sind sie sogar korrupter als die Gauner. Heutzutage gehen die meisten doch nur zur Polizei, weil sie die Uhr eines Mannes stehlen können, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden."

"Die Nazis mögen gebildete Frauen in etwa genauso wie gebildete Juden. Ihnen ist es lieber, wenn wir zu Hause bleiben, den Herd putzen und das Essen kochen."

Noch am Vortag waren einfach nur Menschen auf den Strassen Berlins unterwegs gewesen. Ganz normale Menschen. Man könnte sagen, das waren meine Berliner Mitbürger. Am nächsten Tag liefen lauter Leute mit gelben Sternen herum, was mir schlagartig bewusst machte, wie viele Juden in Berlin lebten. Zugleich erkannte ich, wie grausam es war, unsere Mitbürger so zu behandeln.

Viele Gestapo-Offiziere trugen gern Ledermäntel und die passenden Mützen, und da viele von ihnen ausserdem besser im Futter waren als die übrigen Menschen und demzufolge auch fetter, waren sie als "Fussbälle" bekannt. Aber leider war es nicht erlaubt, einen von ihnen zu treten.

"Du kennst Heydrich nicht. Man bietet Heydrich nicht Paroli, zumindest nicht allzu lange. Meistens enden diese Leute vor einem Erschiessungskommando. Wenn sie Glück haben."

Sie hatte eine Figur wie die Flöte eines Schlangenbeschwörers.

"Ohne Waffe in meiner Hand sind sie kein Mann, dem ich gern widerspreche."

Es war bestimmt von Vorteil, wenn man auf dem Land wohnte. Immer genug Platz, um einen Leichnam zu verscharren.

"Die Uhr braucht dringend mal einen Uhrmacher." - "Davon muss es doch in Prag viele geben. [...]" - "Mag sein, aber meine Nachforschungen haben bisher nur ergeben, dass sie alle Juden sind." - "Ein Jude kann keine Uhr reparieren?" - "In diesem Haus nicht."

"Muss ich noch lauter fluchen und ihr Gesicht dabei mit beiden Händen schütteln oder kriegen sie's auch so hin, das Maul zu öffnen?"

"Ich dachte, Heydrich habe sie ausgewählt, weil sie ein guter Ermittler sind. Jetzt muss ich feststellen, dass sie nur ein dummer Polizist sind."

Henlein war vieles – ein aufgeblasener Arsch, ein Nazipropagandist, ein Frauenheld –, aber er war kein Mörder. Es verlangt sehr viel Mut, kaltblütig auf einen Mann zu zielen und abzudrücken, und wenn seine Tränen eins bewiesen, dann, dass er dafür nicht genug Mumm in den Knochen hatte.

"Manchmal klingen sie so sehr nach Gestapo, dass ich mich frage, wieso ich sie mag, Kurt."

"Sie können einen Mann nicht vor ein Erschiessungskommando stellen, nur weil er versucht, ein paar unangenehmen Fragen auszuweichen." - "Nein? Wir gehören hier zu Deutschland, schon vergessen?"

"In der Nacht habe ich wie ein besoffenes Murmeltier geschlafen, nach all dem Alkohol."

"Verzweiflung ist die Mutter der Innovation."

"Ihr könntet sie aufs Schafott schicken, und der Kopf dieser kleinen Fotze würde auch aus dem Fangkorb unter der Guillotine Scheisse labern."