Zwei um die Welt

In 80 Tagen ohne Geld

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  • ISBN: 978-3890294698
  • Mein Rating: 8/10

In Zwei um die Welt berichten die Hoepner-Zwillingsbrüder abwechslungsweise von ihrer Reise um die Welt im Sommer 2015. Zu dieser sind sie ohne Geld (und einer nicht benötigten Notfall-Kreditkarte) aufgebrochen, mit dem Ziel, sich das notwendige Geld unterwegs zu verdienen, unter anderem durch den Verkauf von aus Schrott hergestellten Schmuckstücken.

Ich fand Zwei um die Welt einen spannenden Reisebericht, und das Ganze ein mutiges und aussergewöhnliches Projekt. Sehr schön wird die Hilfsbereitschaft und die Gastfreundschaft von den zufällig getroffenen Menschen beschrieben, ohne die solch ein Projekt wohl nicht möglich gewesen wäre. Teilweise wirkte die Reise etwas gehetzt auf mich, was wohl daran lag, dass sie die Reise in 80 Tagen schaffen wollten. Nicht verstanden habe ich, weshalb das allererste Kapitel mittendrin, mit Tag 21, beginnt...

Meine Notizen

Per Anhalter nach Amerika - Lissabon, Portugal

Man nimmt die Welt völlig anders wahr, wenn man auf die Hilfe fremder Menschen angewiesen ist, lernt Länder, die man als zahlungskräftiger Tourist bereist hat, aus einer ganz anderen Perspektive kennen. Bequem ist das nicht, aber aufregend.

Seitdem wir hier [in Lissabon] mit unserem Schild mit der Aufschrift "Canada/USA" stehen, sind uns Sympathie und Lacher sicher. Die Leute hupen und winken. Halten an, um uns die Hand zu schütteln oder ein Foto zu machen. Sogar die Polizisten, die uns am ersten Tag wegschicken wollten, waren am Ende von der Idee so begeistert, dass sie uns alles Glück der Welt wünschten und ab und zu neugierig vorbeifahren, um zu sehen, ob es wohl geklappt hat oder wir schon die Geduld verloren haben.

Europa - Von Berlin bis Lissabon

Nur weg hier - Berlin, Deutschland

Wir verdienen uns unser Reisebudget auf dem Weg. Das ist alles so schön gedacht, aber was es wirklich bedeutet, keinen einzigen Cent in der Tasche zu haben, nichts abheben zu können, sich nichts leihen zu dürfen, aus nichts, das vor Tag X, unserem Abreisetag, passiert ist, Kapital zu schlagen oder Hilfe annehmen dürfen, das begreift man erst, wenn man wirklich in der Situation ist.

Tommy - La Jonquera, Spanien

"Nichts läuft wie geplant. Wie wollen wir das denn nur schaffen?" - "Paul, hör mal zu. Wie langweilig wäre es, wenn alles nach Plan verlaufen würde? Wir wollen doch improvisieren!"

Schon komisch, wenn ich unsere Trampererfahrungen auf einen Nenner bringen will, dann müsste der lauten: Je schrottiger und vollgepackter ein Auto ist, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass darin Platz für uns zwei gemacht wird.

Gute Aussichten - Lissabon, Portugal

Er und sein Kumpel Kruno gehören einer Gang an, die mit Fallschirmen von Brücken, Statuen und anderen urbanen Bauten in die Tiefe springt. [...] Da das, insbesondere für einen Polizisten, höchst illegal ist, wissen seine Kollegen nichts von seiner Passion. Für seine Basejumperfreunde, die Polizisten hassen, ist er Bäcker.

Ich erkläre ihm mit gespielter Seelenruhe unser Abenteuer und dass wir von Touristen "Spenden" entgegennehmen und ihnen dafür ein Dankeschön schenken. [...] Der Polizist reagiert überraschend gelassen und sagt: "Na, wenn das so ist, kein Problem, ihr dürft hier nur nichts verkaufen."

Stadt der Engel - Lissabon, Portugal

Ich wollte einfach gern ausprobieren, ob es nicht möglich ist, mit anderen Verkehrsmitteln zu trampen. Was spricht dagegen, dass ein gut gelaunter Pilot uns in seinem Flugzeug mitnimmt?

Nordamerika - Von Toronto bis Vancouver

Gastarbeiter - Toronto, Kanada

Wenn man ohne Roaming unterwegs ist, bekommt man einen anderen Blick – Starbucks, McDonald's oder Tim Hortons-Logos bedeuten für uns nicht Kaffee oder Fastfood, sondern kostenloses und zuverlässiges Internet.

"Da ich der Erste bin, den ihr kennenlernt, möchte ich euch zeigen, wie wunderbar Kanada ist!", sagt er und lädt uns prompt auf das grösste Frühstück ein, das McDonald's zu bieten hat [...].

Penner International - Burks Falls, Kanada

"Ihr könnt froh sein, dass ihr heute Morgen noch aufgewacht seid, ihr Trottel! Seht ihr den Wald da, seht ihr den Truckstop hier? Ihr habt es euch exakt in der Schneise gemütlich gemütlich gemacht, auf der die Schwarzbären nachts kommen, um im Müll nach Futter zu suchen. Ich weiss nicht, was für ein Schweineglück ihr hattet, dass sie ausgerechnet heute Nacht nicht gekommen sind. Die hätten euch und euer Zelt zerfetzt!"

Man Cave - West Kelowna, Kanada

[...] er fand, dass das eine gute Sonntagsbeschäftigung sei, solange wir ihn gut unterhielten. Wir packten eine Geschichte nach der anderen aus und schafften es so auf unglaubliche 700 Kilometer. Das muss man sich mal vorstellen. Die musste er ja immerhin auch wieder zurück!

Petes komplette Wohnung ist ein Harley-Davidson-Museum. Überall Poster, Miniaturen, Accessoires, selbst die Klospülung klingt wie das knatternde Geräusch eines Harley-Motors.

Packesel - Vancouver, Kanada

Er drückte mir etwas in die Hand. "Das sind die Schlüssel zu meinem Apartment. Liegt nur 200 Meter hinter der Strandpromenade, ihr könnt bei mir schlafen, ich suche mir heute ein Girl, bei dem ich schlafen kann."

Asien I - Von Tokio bis zur Grenze von Myanmar

Lost in Translation - Tokio, Japan

Wir haben keine Ahnung, wie wir hier wegkommen wollen oder wie wir Geld verdienen können, die meisten Japaner sind ziemlich uninteressiert an unserer Geschichte, und die Touristen sehen hier so viel Ausgeflipptes und Exotisches, dass wir das Letzte sind, das ihnen auffällt.

Nicht einmal die einfachsten Dinge, wie das Einkaufen im Supermarkt, klappen. Wir verstehen die Zeichen und selbst die Bilder nicht und kaufen meist irgendwas anderes, als wir dachten.

Elefant im Porzellanladen - Hongkong, China

Neben dem für einen öffentlichen Ort üblichen Stimmenwirrwarr hat mich eine sprechende Rolltreppe bis in meine Träume verfolgt: "This escalator goes to the third floor. Please hold on to the handlebars and watch your step."

Tausendjährige Eier - Hongkong, China

Wir steigen in den Ersten ein, und der Busfahrer fährt nicht los. Aber er sagt auch nichts und gibt uns nichts zu verstehen. Er wartet, hinter ihm stauen sich die Autos an der Haltestelle, aber nichts passiert. Es dauert noch eine ganze Weile, bis wir irgendwann einen anderen Passagier fragen, und der erklärt uns, dass wir erst bezahlen müssen, bevor er losfährt. Seltsam, in den anderen Bussen konnte man das auch während der Fahrt machen [...].

Wir steigen ein, und wieder fährt der Bus nicht los. Ich will zahlen, aber der Mann hält, ohne mich dabei anzuschauen, einfach die Hand über den Geldschlitz [...]. Ich frage den Busfahrer, was denn das Problem sei, und er schreit irgendwas auf Chinesisch oder Kantonesisch, wieder, ohne mich auch nur einmal dabei anzuschauen. Dann zeigt er auf ein Plakat, auf dem eine durchgestrichene Umzugskiste zu sehen ist. [...] Egal, wie oft wir versuchen, ihm klarzumachen, dass unsere Koffer unser Gepäck und ganz sicher keine Umzugskisten sind, er reagiert nicht [...]. Schliesslich geben wir auf und steigen aus.

An der U-Bahn-Haltestelle erwartet uns der nächste sinnfreie Sicherheitscheck. [...] Wir haben so ziemlich alles dabei, was man laut Angabe nicht dabeihaben darf: Spiritus, Werkzeuge, Messer – aber nichts davon wurde bisher erkannt, obwohl wir sicherlich schon fünf Mal kontrolliert wurden. Unsere Koffer sind zu gross für die Scannerapparatur, durch die alle Rucksäcke und Handtaschen geschickt werden. Die kluge Konsequenz: Sie werden einfach ohne Kontrolle durchgewunken.

Grenzerfahrungen - Kunming, China

Die Leute ohne Sitzplatz haben sich zum Schlafen in sämtliche Ecken und auf sämtliche Flächen des Zuges verkrochen. Nur indem man sich wie an einem Barren an den Kopfstützen entlanghangelt und zwischendurch allenfalls mal mit den Zehenspitzen auf eine freie Stelle am Boden tritt, kommt man vorwärts.

Asien II - Von Ruili bis Neu-Delhi

Zum Knochenkotzen - Kunming, China

Lächeln, Zettel hinhalten, Absagen einstecken, so geht das über Stunden. Oft liegt es einfach daran, dass zwei Riesen mit grossen Koffern nicht in die vollgepackten Autos passen.

Buddha und Bierdeckel - Boten, Laos

Ich mag das Busfahren. Manchmal tut es zwar in den Knochen weh, weil die Stossdämpfer abgefahren sind und die Strassen löchrig, aber man kann entspannt aus dem Fenster schauen und die Landschaft geniessen, ohne sprechen und dankbar sein zu müssen.

Wenn hier jemand mit dem Auto fährt, dann lädt er es randvoll. Keiner kann sich den Luxus leisten, mit einem leeren Auto durch die Gegend zu fahren.

Nam - Bangkok, Thailand

Wenn man so oft den Schlafplatz wechselt, gleichen die ersten Sekunden oder Minuten nach dem Aufwachen einem Puzzlespiel. Wo bin ich, welches Land, welcher Ort, welcher Tag?

Ich mag es, im Zug zu sitzen und die Welt da draussen an mir vorbeiziehen zu lassen. So oft auf dieser Reise kommt es mir vor, als ob wir gar keine Zeit finden, die fremde Umgebung wirklich wahrzunehmen.

All Inclusive - Nakhon Si Thammarat, Thailand

Wir bahnen uns den Weg zum Ticketschalter. Ich versuche, mich anzustellen, aber mit meinen europäischen Manieren komme ich nicht weiter. Immer wieder drängeln sich Menschen an mir vorbei, und sogar als ich endlich am Ticketschalter stehe, halten Menschen an mir vorbei dem Beamten Geld hin, um vor mir dranzukommen.

Aber wie schon so oft auf dieser Tour, wenn man gerade denkt, dass es keinen Ausweg mehr gibt, kommt von irgendwoher Hilfe.

Gescheitert - Neu-Delhi, Indien

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Nach Hause - Von Neu-Delhi bis Berlin

Zwischen Welten - Neu-Delhi, Indien

Heute ist der 80. Tag, wir müssten jetzt auf dem Weg zum Flughafen sein, um noch rechtzeitig in Berlin anzukommen. Das sind wir aber nicht. Wir werden es also nicht schaffen und irgendwie entlastet mich das.

Busfahren in Indien ist eine Wissenschaft für sich. Während der Fahrt springen Leute auf und ab, wirklich anhalten tut der Bus nie.

Shakeel - Neu-Delhi, Indien

Wie soll man einer Frau, die einen Säugling auf dem Arm hat und uns anfleht, ihr etwas zu geben, klarmachen, dass wir nichts entbehren können, wenn wir zugleich mit iPhone und Kamera unterwegs sind?

"Seht ihr, was ihr macht, hat eine weit grössere Bedeutung, als einfach nur günstig um die Welt zu kommen. Es geht hier nicht um Geld, sondern darum, den Menschen zu zeigen, dass es überall auf der Welt, in jeder Kultur und jeder Nation, Menschen gibt, die gut sind und die gerne helfen. Ob sie wohlhabend sind oder arm. Ihr verzichtet selbst auf vieles, um das herauszufinden. Ich bin sehr beeindruckt und hätte selbst nicht gedacht, dass so etwas gelingen kann. Aber jetzt sitze ich hier mit euch, 83 Tage, nachdem ihr losgereist seid, und das zeigt mir, wie wundervoll die Welt ist. Ihr zeigt der Welt, wozu sie fähig ist", sagte der kluge alte Mann, und ich bekomme Gänsehaut bei seinen Worten. "Ich bin sehr dankbar dafür, dass ihr diese Reise auf euch genommen habt. Ihr dürft nicht aufgeben, bevor ihr nicht am Ziel seid. Das seid ihr all den Menschen, die euch geholfen haben und an euch glauben, schuldig."

Goodbye India - Neu-Delhi, Indien

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Alte Bekannte - Bischkek, Kirgisistan

Der Mann bekundet grösstes Interesse, mit uns einen Autoexport zu starten. Das scheint hierzulande der Traumberuf eines jeden Mannes zu sein – vor allem, wenn er auf deutsche Touristen trifft.

Die beiden erklären uns eilig, dass sie ihm unsere Story erzählt haben und er uns für 10'000 Tenge schwarz mitfahren lässt. [...] Der kleine, bullige Mann kassiert direkt ab, 10'000 cash auf die Hand, ohne Beleg oder Ticket natürlich. Dann gibt er uns zu verstehen, dass wir uns nicht auf einen Sitz freuen können, sondern auf dem Boden in dem Durchgang zwischen den Waggons Platz nehmen müssen – für die nächsten 36 Stunden.

Mein Bruder und ich sitzen uns gegenüber, jeweils eine Zugtür im Rücken. Es ist unglaublich heiss hier drinnen, und überall liegen Zigarettenstummel auf dem Boden, da dieser kleine Zwischengang als Aschenbecher in Gebrauch ist. Ein Passagier nach dem anderen kommt hinein und qualmt sich eine. Ein Fenster gibt es in diesem etwa drei Quadratmeter grossen Raum nicht.

Als ich nicht gleich reagiere, wird er ungemütlich und zieht mich am Arm hoch. Dann knufft er mich so fest in die Seite, dass ich kurz keine Luft bekomme und schiebt mich zum Ausgang. Erst jetzt begreife ich, was los ist: Draussen vor dem Zug steht ein Mann und reicht mir eine riesige Honigmelone durch die Tür. Von hinten stupst mich der Schaffner an, an den ich sie weiterreichen soll. Bei der einen bleibt es aber nicht. Nach und nach werden sicher 300 dieser gigantischen Zehn-Kilo-Honigmelonen durchgereicht und an den unmöglichsten Stellen im Zug versteckt. [...] Offenbar schmuggelt er neben blinden Passagieren auch Früchte.

39.5°C - Moskau, Russland

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41°C - Moskau, Russland

Solange man nicht wisse, was ich habe, müsse man mich dabehalten, sagt die Ärztin, und zwar auf der Quarantänestation.

Ich meine mich zu erinnern, dass man das Denguefieber auch Knochenbrecherfieber nennt. Sollten die Untersuchungen bestätigen, dass ich daran erkrankt bin, kann ich verstehen, warum es diesen Namen trägt. Jede Bewegung schmerzt, und selbst das blosse Liegen ist fast nicht auszuhalten.

Einzelkämpfer - Moskau, Russland

Natürlich weiss ich, dass es alles andere als ratsam ist, jemanden reisen zu lassen, der eben noch mit einem unbekannten Virus auf der Quarantänestation lag. Aber was bleibt uns anderes übrig? Das Visum läuft aus, uns droht Ärger mit den russischen Behörden...

Tausend Kilometer vor Berlin - Kaunas, Litauen

Ich zittere vor Kälte, obwohl Paul in kurzer Hose und T-Shirt sogar im Schatten noch schwitzt.

Bulettenbude - Warschau, Polen

Später am Abend machen Arthur und Maria mir ein unglaubliches Angebot: Sie wollen, dass Hansen und ich den Grand Cherokee nehmen, um damit nach Berlin zu fahren. [...] Die beiden wollen dann in den nächsten Wochen irgendwann mit dem Zug nach Berlin kommen und den Wagen wieder abholen.

Er hat das Auto zur Sicherheit noch mal checken lassen und sowohl die Stossdämpfer als auch die Bremsen sind total runtergefahren. Damit 500 Kilometer nach Berlin zu fahren, ist viel zu gefährlich. Ich merke, wie enttäuscht ich bin, aber auch, dass ich schon damit gerechnet hatte, dass irgendwas nicht klappt. Das wäre einfach zu schön gewesen.

Berlin-Warszawa-Express - Warschau, Polen

Wenn wir gleich ankommen, wird Paul zu Isabel fahren, ich zu Anka, und dann werden wir wieder unseren Jobs nachgehen, in unseren Wohnungen leben, miteinander telefonieren, uns sehen, aber nicht mehr so unmittelbar alles teilen und uns ständig mit dem anderen auseinandersetzen. Das ist erst mal vorbei.